Macht macht Wandel unmöglich!

Auf die Demonstration der Relevanz unseres neuen Semesterschwerpunktes „Macht macht’s“ am Donnerstag in der Synodalversammlung hätten wir gut verzichten können. Dort haben die deutschen Bischöfe bewiesen, wie viel Schmerz sie mit ihrer Macht verursachen können. Eine Minderheit der Bischöfe (40%) hatte die Macht, den erklärten Willen von 80 Prozent der Mitglieder der Synodalversammlung zu ignorieren, unter denen auch die Mehrheit der eigenen Amtsbrüder zu finden war. Sie hatten die Macht, einen Wandel zu unterdrücken: einen Wandel hin zu einer Sexualmoral, welche die Lebensrealität und die Bedürfnisse der Gläubigen widerspiegelt. Sie haben Ihre Position genutzt, ein System von Verletzung und Ausgrenzung unzähliger Gläubiger aufrechtzuerhalten. Ein System, welches queeren Katholik:innen wie auch wiederverheirateten Geschiedenen und all den anderen Menschen, die selbstbestimmte Sexualität jenseits der lebensfeindlichen Moralvorstellungen der Amtskirche leben, eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gemeinschaft verweigert.
Diese Macht der Bischöfe ist nicht gottgegeben, sie ist nicht richtig und nicht gerecht. Sie ist das Produkt von Jahrhunderten Patriarchat, Missbrauch und Klerikalismus in der katholischen Kirche, einer absolutistisch strukturierten Kirche, die kalkuliert ein Klima von Angst und Unterdrückung schürt. Die Macht männlicher Geistlicher wird täglich reproduziert, in jeder Kirchengemeinde genauso wie in der Kurie. Diese Macht wurde in der Satzung der Synodalversammlung verankert, als sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken und die Deutsche Bischofskonferenz dafür entschieden, den Bischöfen ein 2/3 Quorum einzuräumen und damit von Beginn an eine Situation schufen, die einen wirklichen gleichberechtigten Dialog auf Augenhöhe unmöglich machte.
Die vergangenen Tage sind ein Beweis dafür, dass klerikale Macht gebrochen werden muss, damit Kirche ein Ort werden kann, in dem alle Gläubigen frei von Verletzungen leben können. Wandel kann nicht trotz dieser Macht passieren, sondern nur gegen sie. Wir als KHG sehen unsere Aufgabe darin, die verletzende Macht der Amtskirche anzuprangern und ein Ort für all diejenigen zu sein, die innerhalb der Kirche nach Schutzräumen vor dieser Macht suchen, im Wissen, dass von keinem Menschen erwartet werden kann, sich weiter solchen Verletzungen auszusetzen.
Gott diskriminiert nicht, die katholische Kirche tut es jeden Tag.
Der Gemeinderat der KHG-Tübingen
09.09.2022